Caroline Stöppler - Guten Flug | New New York | Short Stories




 

 















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PROBELESEN  
  Leseproben aus dem Buch "Guten Flug "


FLUGHAFEN-DIALOGE

"Fliegen Sie mit?"
"Leider nicht. Ich bleibe am Boden. Dafür werde ich bezahlt."
"Schade. Sie sollten heute mit in die Luft gehen."

"Sind Sie voll?"
"Nein, ich bin nicht voll. Der Flug ist ausgebucht."

"Sie können mich mal am Arsch lecken!"
"Jetzt habe ich leider keine Zeit. Sie können nachher gerne wiederkommen."

"Ihren Reisepass, bitte."
"Ich bin Deutscher!"
"Gratuliere!"

"Ihre Bordkarte, bitte."
"Ey, Schorsch! Jetzt gib doch der Schaffnerin endlich die Karten!"

"Machen Sie mal schneller! Schließlich zahle ich Ihr Gehalt!"
"Was sind Sie von Beruf?"
"Lehrer."
"Dann zahle ich Ihr Gehalt."

"Früher war in Deutschland alles besser organisiert!"
"Ja. - Leider."

"Sie sind zu spät. Die Maschine ist gerade weg."
"Ah, gehns - für aan Öösterreicher weerns doch bittschön die Maschin aufholten!"
"Naa - kenn mer net! Gehns - buchens um und trinkens a Melange."

"Ich bin müde von dem langen Flug und habe jetzt noch einen vor mir. In welchem Land bin ich hier eigentlich?"
"Herzlich willkommen in Deutschland."
"Um Gottes Willen!!"


DER KUNDE IST KÖNIG

Ein deutscher Passagier beschwert sich lautstark, weil er keinen Fensterplatz mehr bekommen hat. Es folgt die bekannte "Schlechter Service..." - Kommentierung.

Die Begründung, es seien keine mehr vorhanden, interessieren den aufgebrachten Herrn überhaupt nicht. "Wie viel kostet es denn, einen zu bekommen?", fragt er sichtlich gereizt. "Bestimmt haben Sie noch welche! - Und die lassen Sie sich wohl immer gut bezahlen, wie ich mir vorstellen kann?"
Ich ignoriere die Frage und gebe die Reiseunterlagen zurück, während ich ihm noch einen guten Flug wünsche. Andere Fluggäste schütteln wortlos den Kopf.

"Bei dieser Fluggesellschaft ist der Kunde wohl doch kein König, wie man ja sehen kann!", brüllt er los. "Das wird für Sie ein Nachspiel haben!"
Bevor ich antworten kann, mischt sich ein anderer Fluggast ein. Der Österreicher sieht den deutschen Herrn an und fängt plötzlich an zu lachen. Dann sagt er spöttisch: "Beruhigen Sie sich doch endlich! Und überhaupt - wer will denn schon die Monarchie zurück, mein Herr!"

Schallendes Gelächter ertönt. Das Gesicht rot vor Wut, die Lippen fest zusammengekniffen, geht er auf den grinsenden Österreicher zu. Sie stehen sich gegenüber und die Spannung steigt. Doch plötzlich wendet der deutsche Passagier sich ab und hat es plötzlich sehr eilig, den Schalter zu verlassen. Bissige Kommentare werden ihm nachgerufen.

Als der Österreicher an die Reihe kommt, ist er noch sichtlich amüsiert und stellt lächelnd seinen Koffer ab. Dann macht er ein ernstes Gesicht und sagt laut: "Und jetzt geben Sie mir einen Fensterplatz - ich bin nämlich Kaiser!"


DER PROFESSOR

Am Erste-Klasse-Schalter erscheint ein älterer, sichtlich zerstreuter Herr und sucht seine Unterlagen zusammen, einschließlich der Brille, die er unbemerkt trägt.

Der zerstreute Herr erzählt von einem für ihn sehr wichtigen wissenschaftlichen Kongress in Asien, an dem er teilnehmen wird. Allerdings müsse er sich noch auf seine Rede vorbereiten. Dann entdeckt der Herr plötzlich seine Brille auf der Nase und kramt erleichtert weiter nach seinen Reiseunterlagen.

"Die Erste Klasse ist doch hoffentlich nicht ausgebucht?", fragt der Herr erwartungsvoll. "Denn ich muss noch an meinem Vortrag arbeiten und wäre Ihnen sehr dankbar, wenn ich ausnahmsweise keinen Nachbarn neben mir ertragen müsste", sagt der Professor und lächelt plötzlich gequält. "Die meisten Menschen gehen mir auf die Nerven - mit ihrem Wortmüll!"
"Ich kann Sie beruhigen. Das Flugzeug ist in der Ersten Klasse halb leer. Ich kann einen Platz neben Ihnen freihalten, damit Sie in Ruhe arbeiten können", biete ich ihm an.
Ein strenger Blick trifft mich über die Brillengläser hinweg, mit einer Belehrung: "LEER IST LEER. DA LEER LEER IST, KANN NICHTS HALB LEER SEIN. DENKEN SIE MAL DARÜBER NACH!"
"Da der Sitz neben Ihnen im Moment leer ist, werde ich dafür sorgen, falls es Ihnen recht ist, dass er leer bleibt", antworte ich nach der verordneten Denkpause.
Der Professor schiebt die Brille auf die Stirn und schmunzelt. "Entschuldigen Sie bitte die Belehrung. Ich weiß, dass Sie es gut gemeint haben", sagt er freundlich und schiebt die Brille wieder auf die Nase. "Vielleicht werden Sie in Zukunft anders argumentieren."

Zum Abschluss bedanke ich mich noch, dass er die allseits übliche Frage: "Sind Sie voll?", nicht gestellt hat. Die übliche Antwort: "Ich nicht - aber der Flug ist ausgebucht", entlockt dem Professor ein lautes Lachen. Er verabschiedet sich mit einem für ihn ungewöhnlichen Kommentar: "1:0 für Sie!"


ASYL-DEBATTE

Ein Vietnamese mit Fremdenpass und anerkannter Flüchtling löst am Schalter eine rege Diskussion aus. In deren Verlauf werden verwunderte Äußerungen laut, dass er nach Vietnam reisen wolle, woher er schließlich hierher geflüchtet sei. Ich bin froh, dass der Vietnamese diesen Dialogen mangels deutscher Sprachkenntnisse nicht genau folgen kann. Er beteuert immer wieder, kein Visum für Vietnam zu benötigen, sondern es bei der Einreise in Vietnam ganz sicher zu bekommen.

Es entsteht eine heftige Diskussion, die sich in eine regelrechte Asyl-Debatte ausweitet. "Erst abhauen und dann wieder dorthin in Urlaub fahren! Kann wohl nicht ganz so gefährlich gewesen sein, dort zu leben - wie immer getan wird!", sagt einer der Wartenden, der damit Zustimmung und Gelächter unter den anderen Passagieren auslöst.

Der Vietnamese blickt verstört in die Runde und den inzwischen eingetroffen Vertreter der Fluggesellschaft an. Er versteht nicht, dass er der Grund der plötzlich auftretenden Heiterkeit ist. "Wissen Sie, auch wenn wir Flüchtlinge sind, so haben doch Recht auf Urlaub und Familie sehen, nach so langer Zeit", sagt der Vietnamese leise in die Runde. Das Gelächter verstummt.

Dann wird der Vietnamese schließlich für den Flug akzeptiert. Vorher muss er allerdings eine Enthaftungserklärung unterschreiben, für den Fall einer Abschiebung selbst alle anstehenden Unkosten zu übernehmen. Schweigend unterschreibt er das Formular, während seine Umgebung wieder redseliger ist und die Diskussion um Urlaub und Asyl fortsetzt. Es folgen weitere bissige Kommentare, die uns am Schalter die Sprache verschlagen.

Der Vietnamese gibt das Formular ab und bekommt seine Bordkarte mit den Reiseunterlagen ausgehändigt. Wir wünschen ihm noch einen guten Flug. Die hämischen Bemerkungen fallen weiter, auch als er bereits dabei ist, den Schalter zu verlassen.

Eine junge Frau meldet sich zu Wort: "Der Urlaubswunsch ist doch zu verständlich!" Stille. "Man muss doch mal raus aus dem Elend hier!", sagt sie laut.
Kein Kommentar, kein Lachen unterbricht die Stille, die wie ein Schleier über der zuvor so selbstbewusst argumentierenden Runde liegt.


SEXTOURISTEN-DIALOGE

"Haben Sie ein Visum für Thailand?"
"Brauche ich nicht - bleibe nur drei Wochen. Danach bin ich sowieso totgebumst!"

" Möchten Sie Raucher- oder Nichtraucherplätze?"
"Ei, Raucher natürlich! Und hoffentlich haben DIE auch genügend zum Saufen an Bord. Dann können wir uns schon richtig auf die Mädchen freuen!"
"Guten Flug."
"Guten Rutsch könnten Sie uns eigentlich auch wünschen!"

"Ich bin froh, dass ich euch hässlichen Vögel in Deutschland für einige Wochen nicht mehr sehen muss!"
"Warum? - Sind Sie Ornithologe?"


ALLE HÄNDE VOLL

Hektisches Treiben am Flugsteig. Der Langstreckenflug ist mit über 400 Gästen ausgebucht. Telefone klingeln pausenlos, Stimmen aus den Funkgeräten bitten um Gehör, während diese Geräuschkulisse von Kindergeschrei abgerundet wird.

Die meisten Fluggäste lassen sich ihre gute Urlaubslaune nicht durch das Geschiebe und Gedränge am Flugsteig verderben. Einen der Gäste frage ich freundlich nach seiner Bordkarte. Der Herr hält in der einen Hand eine Aktentasche und in der anderen eine Einkaufstüte. "Ich bin Erste-Klasse-Passagier! Und die Bordkarte ist in meiner Hosentasche. Die können Sie sich da raus holen. Stellen Sie sich nicht so an!", sagt der Herr empört und bleibt demonstrativ vor mir stehen.
"Das geht leider nicht, denn Leibesvisitationen führen wir hier nicht durch", sage ich unter dem Gelächter der anderen Passagiere, die den Herrn ungläubig anstarren,
"Unverschämtheit! Sie können nicht gewinnen - ich bin schließlich der Kunde!" Wütend stellt er seine Aktentasche auf den Boden und kramt mit fahrigen Bewegungen seine Bordkarte aus der Hosentasche hervor.
"Vielen Dank und guten Flug", verabschiede ich mich von dem noch immer sehr aufgebrachten Herrn.

Der nächste Gast schüttelt den Kopf. "Sie haben hier aber keinen leichten Job. Das ist wohl so einer, der es kaum abwarten kann - so ein Sextourist", sagt er lachend. "Ihre Antwort eben war gut. Wenn Sie wieder solch eine Aufforderung erhalten, können Sie dem Gentleman sagen: Wonach soll ich in Ihrer Hose suchen - ist sowieso nichts da!"


VERÄNDERUNGEN

Transitpassagiere auf dem Flug von New York, über Frankfurt nach
Singapur, können vor dem Weiterflug nach Singapur in Frankfurt für
eine Stunde die Maschine verlassen.

Alles verläuft pünktlich, bis wir feststellen, dass ein Transitpassagier
fehlt. Nun muss der Flug verspätet werden. Das Gepäck des nicht er-
schienenen Passagiers muss gesucht und später ausgeladen und sein
Name ausgerufen werden.

Eine Überprüfung an Board des Flugzeuges ergibt, dass der Passagier
tatsächlich fehlt und sich nicht umgesetzt hat. Wenn Flüge nicht aus-
gebucht sind, setzen Passagiere sich gerne auf andere Plätze, welche
ihnen besser gefallen. Schließlich werden die Türen geschlossen und
das Flugzeug hebt ab in Richtung Singapur ohne den Fluggast. Wir
fragen uns: Wo ist der Transitpassagier geblieben? Wohin kann er
gegangen sein?

Am nächsten Tag erfahren wir, dass der Passagier nach dem Aus-
steigen dachte, bereits in Singapur zu sein. Mit einem Taxi war er in
die Stadt gefahren. Er rief in New York an und sagte Freunden, dass
sich Singapur während seines langjährigen USA-Aufenthaltes sehr
verändert habe. Erst sehr viel später bemerkte er seinen Irrtum und
dass er seinen Flug verpasst hatte.

Als der vermisste Passagier zum Abflug erscheint, erzählt er lachend
von seinem Ausflug: "Ich war schon sehr erstaunt, dass nicht mehr so
viele Asiaten in Singapur leben. Gemerkt habe ich es dann an der
Sprache. Die konnten die Bewohner doch in den Jahren meiner
Abwesenheit nicht verlernt haben."
Der Stationsleiter der Fluggesellschaft bringt kein ernstes Gesicht
zustande. "Haben Sie es denn nicht gleich im Taxi gemerkt, das mit
der Sprache?"
"Nein, das habe ich nicht gemerkt. Ich lebe doch in New York, wo
die Taxifahrer alle möglichen Sprachen sprechen nur nicht Englisch!"


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